Wir sind ganz schön erschöpft…

Viele werden es schon mitbekommen haben, unsere Farm steht unter Druck.

Die offene Kinder- und Jugendarbeit ist mit Abstand unser größtes Arbeitsfeld und unsere Hauptfinanzierung. Das Amt für Soziale Dienste hat uns in den letzten Jahren sukzessive immer weiter gekürzt. Trotz aller Bemühungen und Beteuerungen von Politik und Verwaltung ist es nicht gelungen, eine Regelfinanzierung durch das Bildungsressort als Unterstützung für die Farm als Bildungsort zu erwirken. Das Bildungsressort sieht sich, außerhalb des Horts, nicht als Träger der Farm. Daher haben wir schon im letzten Jahr unsere Arbeit für den Bereich Schule und Bildung drastisch reduzieren müssen. Wir bieten keine Fütterungen und Führungen für Schulklassen mehr an und die Farm kann nicht mehr als außerschulischer Lernort zur Verfügung stehen. Wir können somit auch leider keine Praktikumsplätze, Hospitationen und Zukunftstage für Schüler*innen mehr anbieten.

Der größte und gravierendste Einschnitt war und ist, dass zum 01.01.2025 alle AGH Stellen (ehemals „1€-Jobs“) durch das Jobcenter gestrichen wurden. Dieser Vorgang trifft gerade viele soziale Einrichtungen und Träger bundesweit. Zunächst handelt es sich bei dieser Maßnahme aber um individuelle Tragödien für die betroffenen Menschen. Unsere Kolleg*innen arbeiteten teilweise seit Jahren als fester Bestandteil des Teams auf der Farm. Sie sind durch ihre Fähigkeiten und Persönlichkeiten eine nicht zu ermessende Bereicherung für die Farm, die Kinder und die Jugendlichen. Sie haben sich unter vollem Einsatz in die Farm eingebracht und die Farm mitgeprägt. Unsere Kolleg*innen stehen nun vor einem massiven Einschnitt in ihre Arbeitsidentität. Der Umgang mit diesen Menschen durch die Behörde ist für uns ein Unding. Die Farm hatte über die Jahre eine sehr gute Bilanz im Bereich der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Die Streichung dieser Maßnahme ist kurzsichtig, unwirtschaftlich, unmenschlich und ein Skandal. Sie werden uns einfach fehlen, als Menschen und als Kolleg*innen.

Auf der anderen Seite gibt es eine hohe Spendenbereitschaft und ehrenamtliche Unterstützung durch die vielen Menschen, die sich mit den Tieren, den Mitarbeiter*innen und der Farm als Ort identifizieren und denen die Farm am Herzen liegt. Wir fühlen diese große Solidarität und sie ist es, die uns weitermachen lässt, aber alles hat seine Grenzen. Die Farm kann und soll nicht hauptsächlich auf ehrenamtlichem Engagement und Spenden begründet sein. Es braucht eine zuverlässige und tragfähige öffentliche Finanzierung, wenn die Farm als Ort für die Gesellschaft bestehen bleiben soll. Der Staat darf sich nicht immer weiter aus dem öffentlichen Raum zurückziehen.

Das Geld wird also immer knapper und die Arbeit wird eher mehr. Das Team hat unter Corona, mit wenigen Ausnahmen, durchgearbeitet. Unser geschätzter Kollege Frank ist im Herbst 2023 verstorben. Auch in dieser schweren Zeit haben wir weitergemacht, vor allem für die Kinder und die vielen Menschen, für die Frank so eine wichtige Person war. Langsam geht uns die Puste aus und das ganze Farmteam musste nach diesen schweren Zeiten mit zahlreichen Krankheitsausfällen kämpfen.

Wir müssen unsere Kolleg*innen schützen, damit alle gesund bleiben können und die Farm auch in Zukunft weiterbestehen kann. Das bedeutet, es wird zu einigen Veränderungen kommen müssen. Viele Dinge, an die sich die Menschen im Stadtteil und die Besucher*innen der Farm gewöhnt haben, werden so nicht mehr oder in anderer Form stattfinden können.

In Zusammenarbeit mit dem Team und dem Vorstand wurden folgende kurzfristige Änderungen beschlossen:

  • Wir können keine Flohmärkte mehr auf der Farm anbieten.
  • Es kann nur noch ein Farmfest geben, welches kürzer stattfinden wird.
  • Die Bürozeiten müssen stark eingeschränkt werden.
  • Es kann bis auf weiteres keine Weihnachtskalender mehr geben.
  • Wir können keine weiteren Tiere aufnehmen. Selbst dann nicht, wenn welche versterben.

Darüber hinaus wird es im kommenden Jahr immer wieder zu Anpassungen kommen. Wir wissen aktuell nicht, wie es konkret weitergeht und müssen schauen, wie wir die Arbeit im kommenden Jahr organisieren.

Unsere Priorität ist aktuell die Tiere zu versorgen und ein offener Ort für Kinder- und Jugendliche zu sein.

Wir sind für die große Unterstützung durch die Menschen sehr dankbar, aber derzeit schaffen wir es leider auch nicht immer, diese Dankbarkeit durch Danksagungen, Weihnachtskalender oder Aufmerksamkeiten zum Ausdruck zu bringen. Das tut uns sehr leid, weil gerade dieser Teil uns am Herzen liegt und wir bitten um Verständnis. Wir sind auch weiterhin auf die Unterstützung angewiesen. Es kann sein, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten aktiv auf die Menschen, die uns gewogen sind, zugehen und um tatkräftige Unterstützung bitten.

Wir glauben fest daran, dass die Farm eine Zukunft hat und daran arbeiten wir mit all unserem Einsatz. Dafür müssen wir aber zunächst innehalten und den Betrieb deutlich reduzieren.

(Bild: Abriss der einsturzgefährdeten Werkstatt „Manche Strukturen sind nicht mehr tragfähig, der Kern bleibt. Es gibt Raum für etwas Neues.“)